RL201112 Spielbericht9

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Regionalliga Südwest 2011/12 / Spielbericht 9. Runde

Saisonabschluss nach Maß: SC Haar - SK Siemens München 5 - 3

Spielbericht:
Saisonabschluss nach Maß --- mit stehendem Beifall in die Sommerpause.

Das Heimspiel gegen den Tabellennachbarn Siemens München mündete in das erwartete zähe Ringen, erst nach dreieinhalb Stunden perlten partielle Punkte aus praller Pipeline. Eine Begegnung ganz nach dem Geschmack der Zuschauer, wobei die Haarer Kiebitze besonders an der Hintermannschaft ihre Freude hatten, die mit 3,5 Punkten glänzte.

An Brett 3 zog unser Schweizer Uhrwerk Stephan trotz schwarzer Steine bald eine leichte, aber anhaltende Initiative auf und zielte sichtlich höher als auf eine Punkteteilung. Sein Gegner konnte nur noch reagieren, tat dies aber immer ausreichend, und mit schrumpfender Figurenzahl verebbte der gefühlte schwarze Vorteil. Stephan entschied sich schließlich für ein mannschaftsdienliches Remisangebot, das Weiß sogleich annahm.

Daraufhin folgte Andreas K. an Brett 4 dem disziplinierten Beispiel seines Nachbarn und bot nach atmosphärischem Eröffnungsvorteil ebenfalls Remis, denn seine weißen Läufer hatten nichts zu laufen, und ein tanzendes Springerpaar kann einen leicht schwindlig spielen.

Um 13:45 Uhr der erste Gong für die Heimmannschaft. An Brett 5 baute sich Bernhard mit den schwarzen Steinen schulbuchmäßig auf, besonders auf dem Schicksalsfeld c4: Zuerst erschien dort sein Läufer und verdarb die weiße Rochade, dann hüpfte auch noch ein Vorpostenspringer dorthin und trieb den Gegner zu einem Kamikazeangriff per Königsbauernwalze. Mit messerscharfer Verteidigung überstand Bernhards König bange Minuten, aber dann war klar, wem die Abwicklung gehörte, und Weiß (immerhin 105 DWZ-Punkte voraus) räumte dies anerkennend ein.

Eine weitere adrenalinträchtige Partie bot sich dem Beamtenauge an Brett 6: Walter J., unser Weißspieler par excellence, zeigte Angriffskunst von einem anderen Stern. Viele Theoretiker haben schon versucht zu definieren, was eine Schachkombination sei. Meist läuft es auf eine Art Doppelangriff hinaus. Aber Walters Züge können mehr, sie greifen an und verteidigen zugleich. Wer die Partie nachspielt, versteht sofort was ich meine. Nur selber draufkommen dauert für Normalsterbliche ewig.


Zur Zwischenerholung der Zuschauernerven forcierte Manfred an Brett 8 (Weiß) den Übergang in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern, welches optisch überlegen wirkte. Um es aus der Balance zu bringen, hätte er aber ein erhebliches Risiko eingehen müssen, das wir Menschen lieber den Computern überlassen. Statt einen unberechenbaren Wettlauf zweier Freibauernpaare vom Zaun zu brechen, führte also Zugwiederholung zum Friedensschluss. Ich glaube, Manfred freute sich wie alle Haarer so sehr über unseren wiedergenesenen Überraschungsgast Andreas R., dass er ihn nicht unnötig aufregen wollte.

Ebenfalls im Remishafen aber alles andere als nervenschonend landete bald danach die Flaggschiff-Partie (Brett 1, Schwarz). Ich weiß nicht, woher Helmut seine endlose Geduld, Rechenkraft und Zeitnotresistenz in komplexen Stellungen nimmt. Vielleicht von seinem zweiten Hobby, Klettern in überhängenden Geröllfeldern, oder vom Jugendtraining. Hut ab!

Die matchentscheidende Partie kippte an Brett 7 zu unseren Gunsten. Walter S. mit den schwarzen Steinen verlor in einem unübersichtlichen Mittelspielscharmützel zunächst einen Bauern am Königsflügel, verschaffte sich dann aber genauso undurchsichtig am Damenflügel einen Freibauern, der schließlich elegant eine weiße Figur gewann. Geduldig umgarnte Walter auch noch die beiden letzten weißen Bauern und hatte dann freie Fahrt für seinen einzigen verbliebenen Bauern. Andernfalls, mit T+L gegen T, wäre ein Gewinn innerhalb von 50 Zügen schwierig geworden.

Beim Stand von 5:2 hatte die letzte Partie zur sechsten Stunde im wesentlichen psychohygienischen Wert. Elmar an Brett 2 stand mit dem Rücken zur weißen Wand, büßte einen Bauern ein und hatte für seine Verhältnisse ungewöhnlich wenige Felder für Turm und Springer zur Verfügung. Kein anderer hätte eine solch passive Stellung ähnlich lang ertragen. Unglaublich auch, wie Schwarz fortlaufend unangenehme Züge fand. Bevor schließlich eine neue schwarze Dame das Licht der Welt erblickte, reichte Elmar die faire Hand. Welcher Trost bleibt hier zu spenden? Lieber Elmar, gib der Niederlage einen Sinn. Ich kenne einen Schachspieler, der schob die Schuld auf die Zigaretten und hörte mit dem Rauchen auf. Oder sprich ein Jahr lang wie Mutter Theresa zu uns. Wirst sehen, wenn das hilft, werden noch mehr Schachjünger dich anhimmeln.

In der Schlusstabelle der Regionalliga Südwest errang SC Haar mit 10:8 Mannschaftspunkten den geteilten vierten Platz und freut sich über den deutlichen Klassenerhalt und auf die Neuauflage des Klassikers gegen SK Siemens München im nächsten Jahr.

P.S.: Lorbeer gehört ins Sauerkraut und nicht zum Ausruhen.

(kb)